Schmutzwasserkanäle müssen regelmäßig gereinigt werden. An der Pagenstecher Straße kommt hierfür jetzt eine spezielle Technik…
04.11.2015
Wachsender Klärungsbedarf – Herausforderungen für unser Abwasser
Lesedauer des Artikels: 4.45 Minuten
04.11.2015
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Über 1.000 Kilometer Rohre, mehr als 90 Rückhaltebecken, 338 Pumpstationen und zwei moderne Klärwerke sorgen heute dafür, dass Osnabrücks Regen- und Schmutzwasser sauber in Hase und Düte fließen kann.
Die Anforderungen an das System haben sich seit den Anfängen der Kanalisation 1876 extrem verändert. Sie diente nach zwei verheerenden Choleraepidemien (1831 und 1858) vor allem der Seuchenvermeidung. Im Laufe der Zeit rückte zunehmend der Gewässerschutz in den Fokus. Schon 1912 erkannte man, dass die Selbstreinigungskräfte der Hase nicht ausreichten und errichtete die erste Siebtrommelanlage in Eversburg. In der Folgezeit wurden die Anlagen stetig ausgebaut und modernisiert.
Jeder Deutsche verbraucht jährlich ca. 117 kg Kunststoff – in DER NATUR werden diese zu kleinsten Partikeln zersetzt und vom Wind auf die Gewässer verteilt
Mit den Errungenschaften des Wirtschaftswunders und dem damit verbundenen Anspruch Wäsche, Wohnung und Auto „nicht nur sauber, sondern rein“ zu waschen und zu putzen, wuchs auch der Klärungsbedarf hinsichtlich des Abwassers. Die Stadtwerke reagierten mit stetiger Modernisierung und Anpassung der beiden Klärwerke. Aber die Produktpalette für strahlende Sauberkeit wird ständig größer: Spezialisierte Wasch- und Reinigungsmittel sowie eine Vielfalt von Kosmetika – immer mehr auch für Herren – beschäftigen die Abwasserfachleute.
Eine weitere Herausforderung: In vielen Produkten sowie in Textilien verbirgt sich sogenanntes Mikroplastik, 0,001 bis 5 Millimeter kleine Kunststoffteilchen, die auch in modernen Kläranlagen nicht vollständig zurückgehalten werden können. Dazu kommen eine Vielzahl natürlicher und künstlicher Geruchsstoffe und Schönmacher.
Ca. 1.900 Kunstfasern kann ein Fleecepullover pro Wäsche verlieren, die DANN ins Abwasser geraten
Dies gilt in ähnlicher Weise auch für Medikamentenrückstände: In Folge des demografischen Wandels und der modernen Medizin werden immer mehr Medikamente eingenommen, die über den menschlichen Körper ins Abwasser gelangen.
Hinzu kommt, dass gerade feuchtes Toilettenpapier und Kosmetiktücher – die mittlerweile in fast jedem Haushalt zu finden sind – zunehmend unsachgemäß in der Toilette entsorgt werden. Die Reißfestigkeit der Tücher – für viele Verbraucher ein zusätzlicher Pluspunkt – stellt die Klärwerke vor große Probleme: Immer häufiger müssen Pumpen geöffnet und Verstopfungen gelöst werden, da sich die feuchten Tücher, anders als z. B. herkömmliches Toilettenpapier, nicht in Wasser auflösen.
Dennoch gilt: Hase und Düte waren noch nie so sauber wie heute. Damit das so bleibt, beschäftigen sich die Fachleute von Stadt und Stadtwerken gemeinsam im Sinne des vorausschauenden Gewässerschutzes intensiv mit der Klärung des Problems. Eines ist jedoch klar in Sachen Abwasser: Vermeiden ist besser als klären.
500 Tonnen Mikroplastikpartikel aus Kosmetika kommen jährlich auf den Markt – viele gelangen ins Abwasser
In Osnabrück gehen Regenwasser von Straßen oder Hausdächern und Schmutzwasser aus Toiletten oder Abflüssen zum größten Teil getrennte Wege.
Die Länge der Hauptkanalnetze, über das Schmutz- und Regenwasser abgeführt werden, beträgt insgesamt ca. 1.000 Kilometer – das entspricht in etwa der Strecke von Osnabrück bis nach Mailand. Regenwasser gelangt zunächst in Regenklär- und Regenrückhaltebecken, Schmutzwasser zu den Klärwerken in Eversburg und Hellern.
Im Zulauf des Regenrückhaltebeckens befindet sich ein Schachtbauwerk, in dem sich grobe Verschmutzungen absetzen. Dies wird regelmäßig mit Hilfe eines Spezialfahrzeugs gereinigt.
In den Becken wird Regenwasser von den Straßen und Gehwegen gesammelt, das durch deren Versiegelungseffekt nicht auf natürlichem Weg im Boden versickern kann. Auf der Beckensohle setzen sich z.B. Schlamm und Sand ab, aufschwimmende Stoffe sammeln sich vor einer Tauchwand und werden abgesaugt.
Durch das Auslaufbauwerk verlässt das von Schmutz befreite Wasser das Regenrückhaltebecken.
Das gereinigte Wasser aus Regenrückhaltbecken und Klärwerk wird schließlich in die Hase oder Düte und somit in den natürlichen Wasserkreislauf überführt.
In Osnabrück gehen Regenwasser von Straßen oder Hausdächern und Schmutzwasser aus Toiletten oder Abflüssen zum größten Teil getrennte Wege.
Die Länge der Hauptkanalnetze, über das Schmutz- und Regenwasser abgeführt werden, beträgt insgesamt ca. 1.000 Kilometer – das entspricht in etwa der Strecke von Osnabrück bis nach Mailand. Regenwasser gelangt zunächst in Regenklär- und Regenrückhaltebecken, Schmutzwasser zu den Klärwerken in Eversburg und Hellern.
Im Klärwerk angekommen, sorgen Rechenanlage, Sand- und Fettfang sowie Vorklärbecken für die mechanische Reinigung des Schmutzwassers.
Im zweiten Schritt folgt die biologische Reinigungsstufe: Mithilfe von Bakterien wird das Wasser gereinigt. Anschließend werden Schlamm und Wasser im Nachklärbecken voneinander getrennt.
Über einen Ablauf fließt das gereinigte Wasser von den Nachklärbecken durch die Nachklärteiche, bevor es umweltgerecht gereinigt das Klärwerk verlässt.
Das gereinigte Wasser aus Regenrückhaltbecken und Klärwerk wird schließlich in die Hase oder Düte und somit in den natürlichen Wasserkreislauf überführt.
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9 Kommentare
Chloe
10. August 2023 um 9:25
Nachdem man diesen Artikel gelesen hat, wird klar, wie sinnvoll eine Kanalsanierung sein kann.
Hannes Bartschneider
25. Juli 2021 um 16:52
Ich möchte ein Prakitkum in einer Kläranlage machen. Nun wollte ich mich informieren, was genau dort passiert. Gut zu wissen, dass viele Leute feuchtes Toilettenpapier falsch entsorgen und man im Werk damit zu tun hat.
Martin Lobinger
23. Dezember 2020 um 13:00
Ich wusste nicht, dass Mikroplastik auch in modernen Kläranlagen nicht vollständig zurückgehalten werden kann. Allerdings bin ich optimistisch, dass die Industrie auf die Herausforderungen des wachsenden Klärungsbedarfs schnellstmöglich reagieren wird. Mein Onkel stellt beruflich Kläranlagen her und berichtet mir ständig über die rasche technische Entwicklung im Bereich.
Lisa Hoff
25. Januar 2021 um 11:05
Hallo Martin, ja – hier fängt es auch schon bei uns allen an, darauf zu achten, dass Mikroplastik gar nicht erst ins Abwasser gelangt. Worauf zu achten ist, haben wir in ein paar Tipps zusammengefasst.
Helmut
20. Juli 2022 um 12:30
Aber was ist mit den Polymeren die zur Entwässerung eingesetzt werden. Das ist doch auch Mikroplastik. Und auch die beste Zentrifuge holt nicht alles aus dem Schlamm heraus. Reste kommen immer aus dem Zentrat.
merlyn.schul@gmail.com
21. Dezember 2020 um 16:37
Kanalsanierung muss ich in meinem Haus ziemlich oft durchführen. Deswegen wollte ich mehr wissen, was ich gegen die Verstopfung tun kann. Gut zu wissen, dass beim Rohrverstopfung keine Chemikalien genutzt sein sollen, ich werde es beachten.
Lisa Hoff
25. Januar 2021 um 11:06
Hallo Merlyn, super, dass du die Tipps direkt anwenden konntest 🙂
Martin Lobinger
7. Dezember 2020 um 23:56
Ich habe neulich eine moderne Kläranlage im Wasserleitungssystem meines Hauses auf dem Lande einbauen lassen. Dank dieses Beitrags weiß ich nun, dass ich besonders darauf achten muss, dass keine feuchten Tücher ins Abwasser gelangen. Ansonsten müsste ich mich in wenigen Monaten mit der Lösung von Verstopfungen beschäftigen.
Lisa Hoff
25. Januar 2021 um 11:10
Das stimmt. Das ist dann ja noch einmal gut gegangen 😉 Feuchte Tücher gehören definitiv nicht in die Toilette.