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Hermann Wolf braucht den Hafen, aber nicht die Wasserstraße

Der Frachter „Minden 2“ war das erste Schiff, das den Osnabrücker Hafen erreichte. Am 3. April 1916 brachte er 475 Tonnen Hafer zur Osnabrücker Lagerhausgesellschaft, und die waren für den Getreidehandel Carl Wolf bestimmt. 100 Jahre später handelt das Unternehmen immer noch mit Getreide. Inhaber Hermann Wolf bekennt aber, dass für ihn die Zeiten der Wasserstraße Vergangenheit sind. Und das, obwohl sein Betrieb direkt am Wendebecken liegt.

Im Büro sieht es kaum anders aus als vor 40 Jahren. Ordner, Papierberge und Quittungsblöcke, die wenigen Computer fallen kaum auf. Damit will sich der Chef nicht belasten.

Seit 1958 ist er fast jeden Tag in der Firma, seit 1965 ist er die Firma. „Für mich gibt's keine Fünftagewoche“, sagt Hermann Wolf, und das ist keine Klage, sondern ein Ausdruck der Zufriedenheit.  

Weizen- und Roggenmehl lieferte der Osnabrücker Händler Carl Wolf früher an die Bäcker. Es muss ein ziemliches Spektakel gewesen sein, als Wolfs erster Lkw mit Eisenreifen 1908 durch die Große Straße fuhr. Das Geschäft war damals noch an der Kommenderiestraße und der Hafen noch nicht gebaut. Heute sind Landwirte in einem Umkreis von 70 Kilometern die Kunden. Hermann Wolf führt das Unternehmen in der vierten Generation, und er findet es überhaupt nicht abwegig, das auch noch mit über 80 Jahren zu tun. Zumal ihm das Alter nun wirklich nicht anzusehen ist.

100 Jahre Hafen Porträt Hermann Wolf

In vierter Generation führt Hermann Wolf den Getreidehandel Carl Wolf an der Elbestraße.

Sein Vater hat in den 50er Jahren vier Rundkessel für jeweils 50 Tonnen Getreide gebaut. „Da war die Osnabrücker Lagerhausgesellschaft etwas verschnupft“, erzählt Hermann Wolf, „die befürchteten wohl unsere Abwanderung. Aber dafür waren die Kessel zu klein“. In den 60er Jahren, als er das Sagen hatte, entstanden die großen Silos aus Beton, die zusammen 1100 Tonnen fassen. Das reicht bis heute. Ein Frachtschiff könnte ihm mit einer Ladung das ganze Lager füllen. „Das ist mir mit einem Mal zu viel“, winkt der Kapitän vom Wendebecken ab.

Vor 30 Jahren legte der letzte Getreidekahn bei ihm am Wendebecken an. Die Löschanlage steht noch am Ufer, aber die lässt sich auch für Lkw-Transporte verwenden. Straße statt Wasserstraße, das ist die Realität für die Firma Wolf. Nicht nur wegen der Mengen, sondern auch, weil es schneller geht. Und weil beim Löschen nicht noch ein Mann zusätzlich gebraucht wird. Auch von der Schiene hat sich Hermann Wolf verabschiedet. Das Anschlussgleis, das über das Hellmann-Gelände zum Grundstück führt, ist schon zugewachsen.

Kein Schiff, kein Zug, aber warum dann der Hafen? Eine Frage, die sich für Hermann Wolf nicht stellt. Er sieht die Zukunft seines Unternehmens an diesem Standort und nirgendwo sonst. Und deshalb hätte er das Grundstück schon vor Jahrzehnten am liebsten gekauft. Aber beim damaligen Hafendirektor konnte er damit nicht landen: „Für den war das schon eine Majestätsbeleidigung, dass ich überhaupt danach gefragt habe!“

 

100 Jahre Hafen Osnabrück - anlässlich des Jubiläums veröffentlichen wir in Zusammenarbeit mit dem Museum Industriekultur auf unserem Blog regelmäßig Fakten aus der bewegten Geschichte des Osnabrücker Hafens. Diese Beiträge wechseln sich ab mit Portraits von Zeitzeugen und Menschen, die am Hafen arbeiten und/oder leben.

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Gastblogger
Rainer Lahmann-Lammert

Nicole

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Veröffentlicht am
28.06.2016

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