Fast auf den Tag genau vor 125 Jahren – nämlich am 17. Dezember 1890 floss…
10.11.2020
Mit Hochgeschwindigkeit durch die Wasserleitungen …
Lesedauer des Artikels: 4.64 Minuten
10.11.2020
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Meine persönlichen Erkenntnisse, nachdem ich meine Kollegen bei den Spülungen unserer Trinkwasserleitungen begleiten durfte:
Aber einen Schritt zurück:
Es ist Mittwochnachmittag und ich bin mit meinem Kollegen Sören Rasper aus dem Netzservice in Hellern unterwegs, um mir die alljährlichen Spülungen unser Wasserleitungen mal etwas genauer anzusehen. Alle Jahre wieder nehmen sich Sören Rasper und seine Kollegen ein Teilstück von Osnabrück vor, um die Trinkwasserleitungen von natürlichen Ablagerungen zu befreien.
»Vorgeschrieben ist das nicht, aber es ist natürlich unser Anspruch, dass unser Trinkwasser die beste Qualität hat«, erklärt mir der Experte. »Und dafür müssen eben auch regelmäßig die Leitungen gespült werden«.
Im Laufe der Zeit setzen sich mineralische Stoffe in den Leitungen ab. Die sind zwar gesundheitlich unbedenklich, können aber zu Trübungen im Wasser führen. Und genau diese Ablagerungen sollen hier in Hellern an diesem Tag entfernt werden. Wie das funktioniert, erklärt mir Heino Timm von der Firma Pohl & Timm, die das seit Jahren dienstleistend für die Stadtwerke übernehmen.
Für eine Spülung nehmen sich die Mitarbeiter von Heino Timm ein bestimmtes Teilstück der Trinkwasserleitungen vor. Das wird dann über sogenannte Schieber vom restlichen Versorgungsnetz abgetrennt oder auch „abgeschiebert“. So wird sichergestellt, dass das Wasser auch genau da hin fließt wo es rauskommen soll.
Am einen Ende der Leitung steht ein Kollege mit einem überdimensionalen Kompressor. Denn: Es wird mit Wasser und Luft gespült. Warum ist das wichtig? „Nur so können wir die notwendige Fließgeschwindigkeit des Wassers erreichen, damit sich die Ablagerungen auch lösen“, erklärt Timm. Die Fließgeschwindigkeit wird dabei etwa auf das Zehnfache erhöht: von einem Meter pro Sekunde auf zehn Meter pro Sekunde.
»Viele Anwohner denken, dass wir mit einem enormen Wasserdruck unterwegs sind, aber das ist nicht so. Wir spülemn sogar mit einem bis eineinhalb Bar unter dem normalen Netzdruck. Die Luft ist entscheidend, nicht der Druck.«
Und noch einen Vorteil hat das Verfahren mit der Luft: Es wird deutlich weniger Wasser gebraucht als bei Spülungen nur mit Wasser.
Der Kompressor pustet also auf der einen Seite Luft in die Leitung, aber nicht irgendwelche, sondern gefilterte Luft: Schließlich ist Trinkwasser unser Lebensmittel Nummer 1! Also wird die Luft gleich mehrfach gefiltert und kontrolliert bevor sie in die Leitungen geblasen wird.
... am anderen Ende kommt das Wasser aus der Leitung "geschossen".
Am anderen Ende der Leitung wartet bereits ein Kollege auf das Startzeichen. Heute können wir das „Ende“ direkt sehen, denn es ist nur 400 Meter weiter. Wie groß ein Teilstück während eines Spülgangs ist, hängt von den Gegebenheiten ab. Bis zu vier Kilometer können am Stück gespült werden, erklärt Timm. Das sei in Städten aber äußerst selten der Fall. Über ein Standrohr wird das herausgespülte Wasser gezielt abgeführt. In den meisten Fällen in einen Regenwasserkanal, heute in einen kleinen Graben am Straßenrand.
Durch das Funkgerät kommt das Zeichen: „Luft marsch!“ Wenige Sekunden später kommt am anderen Ende der Leitung das Wasser/Luft-Gemisch herausgeschossen. Jetzt kann ich verstehen, warum einige Anwohner denken, dass hier Druck im Spiel sein müsste. Es sieht schon beeindruckend aus wie das Wasser in Intervallen aus dem Rohr fließt.
Und tatsächlich: das Wasser ist leicht trüb. Kontrollieren können die Kollegen das über ein sogenanntes Schauglas, das am Rohr befestigt ist. Gespült wird solange bis keine Trübung mehr zu sehen ist. Nach nur wenigen Minuten ist das Wasser wieder klar und diese Spülung beendet. Die Ergebnisse werden genauestens dokumentiert – überhaupt wird alles sehr genau festgehalten und kontrolliert: Die Trübung des Wassers, die Schieber, die heute zu- und wieder aufgedreht werden. „Für uns ist das immer eine sehr gute Möglichkeit unsere Anlagen, also die Schieber oder auch die Hydranten, gleichzeitig zu prüfen“, erklärt Sören Rasper.
Die Kollegen der Firma Pohl & Timm haben für heute noch weitere Leitungsspülungen auf ihrer To Do-Liste. Insgesamt ca. 60 Kilometer des rund 650 Kilometer langen Osnabrücker Leitungsnetzes schaffen sie in 14 Tagen. Die Anwohner an diesem Teilstück können nun wieder ihre Wasserhähne aufdrehen. Für die Zeit der Spülungen gilt nämlich: Keine Wasserentnahme möglich. „Wir versuchen den Zeitraum so kurz wie möglich zu halten“, sagt Heino Timm. „Viele Betriebe oder auch Arztpraxen sind auf Wasser angewiesen. Da sind Improvisation und Absprachen auf beiden Seiten das Wichtigste.“ Und das klappt in den meisten Fällen sehr gut:
„Erst letztes Jahr lag ein Krankenhaus im Bereich der Leitungsspülungen“, erinnert sich Timm. Ein Krankenhaus ohne Wasser? Klingt erst einmal unmöglich. „Aber wir haben es hinbekommen“, schmunzelt Timm.
Zurück im Büro rufe ich meinen Kollegen Stefan Obermeyer aus dem Netzbetrieb an, der für die Planung zuständig ist. Wie sich die Kollegen orientieren, wann welche Leitungen dran sind?, will ich wissen. „Vor vielen Jahren haben wir Osnabrück in Stücke eingeteilt, die wir nun nacheinander abarbeiten“, so Obermeyer.
„Etwa 12 Jahre brauchen wir, um alle Leitungen in Osnabrück einmal zu spülen. Und wenn wir fertig sind, fangen wir vorne wieder an.“
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Ein Kommentar
Melanie Samsel
23. Januar 2022 um 10:09
Vielen Dank für den Beitrag! Bei uns im Dorf werden bald auch die Rohrleitungen gereinigt, deswegen wollte ich mich da mal informieren. Es ist interessant, dass solche Spülungen bloß mit Luft und Wasser durchgeführt werden. Man würde meinen, für so etwas wäre mehr notwendig.