Die Regenrückhaltebecken sind vorwiegend technische Anlagen und leisten einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz in Osnabrück…
03.11.2016
Erst abfischen, dann entschlammen
Lesedauer des Artikels: 3.86 Minuten
03.11.2016
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Im Normalfall ist es kein gutes Zeichen, wenn Fische reglos im Wasser umhertreiben. Im Regenrückhaltebecken am Kampweg in Hellern war das jetzt jedoch genau so gewollt. Aber keine Sorge: Die Fische sind nur betäubt – mithilfe von Elektroschocks. Elektrobefischung nennt man das in der Fachsprache. Eine besonders schonende und stressfreie Fangvariante für Mensch und Tier. So wurde es mir vom Fischerei-Schutzverein Wissingen e.V. erklärt. Aber warum das Ganze?
Sven Kreutzmann, Mitarbeiter im Kanalbau bei der SWO Netz GmbH und zuständig für die Entschlammung der Regenrückhaltebecken im Stadtgebiet, kann das erklären:
»Regenrückhaltebecken verlieren im Laufe der Zeit an Aufnahmefähigkeit und Filterfunktion, da sich immer mehr Schlamm und Schmutz an der Beckensohle absetzen« , so der Fachmann. »Dieser Schlamm muss regelmäßig – im Abstand von etwa 20 bis 25 Jahren – mithilfe von Baggern abgetragen werden.«
Hinzu kommt die Entfernung von Gehölz am Uferrand, um Verstopfungen am Auslauf zu verhindern. Das Regenrückhaltebecken in Hellern ist mit ca. 45.000 m³ Wasser eines der größten im Stadtgebiet. Für die Entschlammung muss das Wasser vorab vollständig abgepumpt werden – allein das ist eine mehrtägige Aufgabe.
Für die Bewohner des Regenrückhaltebeckens heißt das: Umziehen. Und da das Becken in Hellern zum ersten Mal entschlammt wird, finden sich hier von groß bis klein die unterschiedlichsten Tier- und Fischarten: Enten, Reiher, Kormorane, Hechte, Aale, Muscheln oder gefährdete Kleinfischarten.
Die Enten und Vogelarten suchen sich von allein ein neues Zuhause, die Fische müssen aufwendig umgesiedelt werden: Mit einem kleinen Boot begeben sich die Mitglieder des Fischerei-Schutzvereins auf das verbleibende Wasser im Becken. Für die Elektrobefischung bedarf es einer Genehmigung des Fischereikundlichen Dienstes des Niedersächsischen Landesamtes – das darf nicht jeder. Ein spezieller Kescher setzt das Wasser unter schwachen Gleichstrom. Dadurch werden die Fische im Umkreis von ein bis zwei Metern um das Boot betäubt und können problemlos mit dem Kescher abgefischt werden.
Wer sich jetzt fragt, was mit den rund 1.500 Fischen – auf die der Bestand in diesem Regenrückhaltebecken geschätzt wird – passiert, für den gibt es eine einfache Antwort: Die Fische werden in die benachbarten Flüsse und Seen umgesiedelt. Aber vorher werden sie streng abgezählt und sortiert: Hier kommt der sogenannte Fisch-Zensus zum Einsatz. Stefan Wiesehahn, Gewässerwart beim FSV Wissingen, ist Experte auf diesem Gebiet:
»Wir notieren genau welche Fischarten wir hier finden und die Verteilung der Größenklassen. Die Daten werden an das Landesamt gemeldet und für Bestandsentwicklungen ausgewertet«, so der Fachmann.
Im Rahmen des Abfischens kamen neben 18 Aalen (mit zu bis zu 80 cm Länge) und 20 Hechten einige gewaltige Karpfen mit 1 Meter Länge und einem geschätztem Gewicht von über 20 Kilogramm zum Vorschein. Außerdem wurden große Brassen, Schleien und viele (ca. 900) Barsche gefangen. Zwei Exoten fanden sich in Form von Sonnenbarschen, die vermutlich aus einem Gartenteich den Weg in das Becken „gefunden“ haben. Die beiden finden ein neues Zuhause im Aquarium eines Helfers. Die aufgelesenen Teichmuscheln wurden in das Regenrückhaltebecken „Große Schulstraße“ umgesetzt, das vor einigen Jahren saniert wurde und in dem sich bereits Muscheln befinden. Die anderen Fische wurden in die Angelteiche des Fischereischutzvereins Wissingen umgesetzt, dessen Mitglieder die Aktion zur Bergung durchgeführt haben.
»Das Naturschutzgesetz besagt, dass bei Entschlammungsarbeiten und der vorbereitetende Gehölzschnitt wie am regenrückhaltebecken in Hellern immer nur im Herbst stattfinden dürfen, um so die Brut- und Nistzeiten von Vögeln und die Laichzeiten von Fischen und Amphibien nicht zu stören«, so Sven Kreutzmann.
Was passiert aber mit dem ganzen Schlamm (die Menge wird auf 14.000 Tonnen geschätzt), der aus den Becken abgetragen wird? „Zunächst muss der Schlamm entwässern, dazu wird er aufgetürmt und immer wieder umgeschichtet. Erst dann können wir den Schlamm zu verschiedenen Deponien fahren." Das Wasser kehrt – nach Ende der Entschlammungsarbeiten im November – übrigens von allein in die Becken zurück. Ein Teil wird durch Grundwasser aufgefüllt, der andere Teil im Laufe der Zeit mit Regenwasser. Gleiches gilt auch für die Fische: Über die miteinander verbundenen Regenrückhaltebecken und die Hase und Düte siedeln sie sich neu in den Becken an.
Die SWO Netz GmbH ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Stadtwerke Osnabrück und für die Planung, den Bau und den Betrieb der Infrastrukturnetze im Stadtgebiet zuständig. Das umfasst die Sparten Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Telekommunikation sowie Straßenbeleuchtung.
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Ein Kommentar
Stanislav Frank
28. April 2022 um 23:13
Ein sehr interessanter Beitrag. Vielen Dank. Aber was passiert mit dem Schlamm in den Deponien? Wird dieser verbrannt oder findet der Schlamm irgendwo noch Verwendung?
Mit freundlichen Grüßen
Stanislav Frank