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UPDATE 2. Juni 2022: KEIN Pieswerk für Osnabrück
Die Stadtwerke Osnabrück stellen die Planungen für den Bau der Altreifen-Pyrolyseanlage Pieswerk im Stadtteil Hafen ein. Mehr zu den Hintergründen erfahren Sie auf der Stadtwerke-Homepage.
Neues Leben für alte Reifen - ein Pieswerk für Osnabrück
Als Stadtwerke Osnabrück planen wir den Bau einer Recyclinganlage zur Rohstoffrückgewinnung im Stadtteil Hafen. Die Anlage mit dem Namen „Pieswerk“ soll dank eines speziellen thermo-chemischen Verfahrens einen wichtigen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz leisten und zwar, indem:
- regionale Altreifen zu fast 100 % vor Ort recycelt werden,
- wertvolle Rohstoffe der Wertschöpfungskette wieder zugeführt werden,
- die CO2-Emmissionen reduziert werden (Gesamteinsparung ca. 80.000 t/a),
- ein kommunaler Beitrag zur Erreichung der europäischen Umwelt- und Klimaschutzziele (European Green Deal) geleistet wird.
Professor i. R. Dr. Henning Bockhorn berät die Stadtwerke mit seiner langjährigen Expertise. Er leitete als Professor für Chemische Technik und Verbrennungstechnik an der Universität Karlsruhe (TH) (heute Karlsruher Institut für Technologie) das Institut für Chemische Technik und Polymerchemie sowie den Bereich Verbrennungstechnik am Engler- Bunte-Institut. Seit Anfang der 1980er Jahre beschäftigt Professor Bockhorn sich mit dem Thema Recycling von Kunststoffen. Er entwickelte dazu unterschiedlichste Verfahren und untersuchte unter anderem das Recycling von Altgummi. Als Experte und Berater beobachtet er, dass dem Altreifenrecycling seit einigen Jahren vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im Interview erläutert er das Verfahren an sich und den Nutzen für den Umwelt- und Klimaschutz.
♦ Herr Bockhorn, im Pieswerk sollen Altreifen durch Pyrolyse recycelt werden. Was sind die Vorteile des Verfahrens?
Prof. Dr. Bockhorn: Reifen bestehen aus sehr wertvollen Rohstoffen: aus Stahl, aus Kautschuk und aus Ruß. Bei der Verbrennung wird aus diesen zwar Energie gewonnen, die Rohstoffe an sich aber gehen verloren. Bei der Pyrolyse ist das anders. Hier werden die Reifen zunächst geschreddert und anschließend unter Sauerstoffausschluss erhitzt. Bei diesem Verfahren wird zunächst der Stahl zurückgewonnen. Anschließend werden Kautschuk und Ruß in Pyrolyseöl und Pyrolysekoks umgewandelt. Beides kann aufbereitet und weiter verwendet werden. Außerdem fällt bei dem Prozess Pyrolysegas an, aus dem der Energiebedarf für das Pyrolyseverfahren gedeckt werden kann.

Aus Reifen werden Rohstoffe zurückgewonnen
♦ Handelt es sich bei der Altreifenpyrolyse um etwas gänzlich Neues?
Prof. Dr. Bockhorn: Reifenrecycling wird schon seit mehr als 50 Jahren diskutiert. In den 1980er Jahren wollte man aus alten Reifen vor allem eigenes Öl gewinnen. Hintergrund war die Ölpreiskrise, durch die der Ölpreis auf dem Weltmarkt extrem anstieg. Dann aber beruhigte sich der Preis wieder und das Verfahren geriet in Vergessenheit. Seit 2015 kommt es nun langsam wieder in die Diskussion. Besonders die steigenden Erdöl- und Erdgaspreise machen das Verfahren interessant, denn die entstehenden Produkte – also das Pyrolysegas und Pyrolyseöl – können auf diese Weise noch einfacher mit Erdöl und Erdgas konkurrieren.

Rohstoffe aus dem Recycling
♦ Macht eine Altreifenrecyclinganlage in Osnabrück überhaupt Sinn?
Prof. Dr. Bockhorn: Das Pieswerk in Osnabrück ist gleich aus mehreren Gründen eine gute Idee. Erstens ist Osnabrück eine Art Hotspot für Altreifen. Immerhin über 6 Prozent der deutschen Gesamtmenge werden hier gebündelt und der weiteren Verwertung zugeführt. Zweitens handelt es sich bei dem Gelände am Hafen um ein solides Grundstück, das schon über eine gewisse Infrastruktur verfügt. Drittens sind die Stadtwerke Osnabrück als Betreiber mit ihrer Gas- und Stromversorgung selbst im Energiebereich unterwegs und müssen sich daher keine großen Gedanken um den Absatz der durch das Recycling gewonnenen Produkte machen. Wenn die Anlage erst einmal in Betrieb ist, wird man sicherlich von vielen Seiten auf Osnabrück und sein Pieswerk schauen.
♦ Was ist das Besondere am Pieswerk in Osnabrück?
Prof. Dr. Bockhorn: In Osnabrück wird eine Drehrohrpyrolyse eingerichtet. Das ist im Prinzip ein technisch sehr einfaches Verfahren: Ein Rohr liegt mit leichter Neigung auf einem Ständer und wird von außen beheizt. Die geschredderten Altreifen werden in das Rohr gegeben und durch die starke Erhitzung in Pyrolysegas, Pyrolysekoks und anorganisches Restmaterial zersetzt. Das Besondere bei der Drehrohrpyrolyse: Es gibt bei diesem Verfahren sehr viele Parameter, über die sich der Prozess flexibel steuern lässt. Das macht sie besonders attraktiv.

Prof. Dr. Bockhorn im Gespräch bei der Infoveranstaltung am 4.11.
♦ Welche Bedeutung hat die Pyrolyse Ihrer Meinung nach?
Prof. Dr. Bockhorn: Altreifen gehören zu den sogenannten End-of-life-Produkten, also zu Produkten, die am Ende ihres Lebens angekommen sind. In ihnen schlummert allerdings ein enormes Reservoir an Energie und Rohstoffen. Natürlich könnten wir auch weiterhin Altreifen verbrennen und die dabei entstehende Energie nutzen, aber angesichts der gegenwärtigen Diskussionen um mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz sollten wir doch nicht einfach so weitermachen wie bisher. Es ist in meinen Augen absolut notwendig, dass wir die in den End-of-life-Produkten schlummernden wertvollen Rohstoffe wieder verfügbar machen. Die Pyrolyse ist ein wirklich vielversprechendes Verfahren für die Kreislaufwirtschaft.
Unter www.swo.de/pieswerk finden Sie umfangreiche Informationen zum geplanten Pieswerk in Osnabrück. Unter anderem werden dort folgende Fragen beantwortet:
- Was trägt das Pieswerk zum Klima- und Umweltschutz bei?
- Wofür werden die gewonnen Rohstoffe gebraucht?
- Wie funktioniert das Verfahren?
Sie finden dort ebenfalls einen Nachbericht zur Bürger-Infoveranstaltung vom 4. November 2021 in den Räumen des Museum für Industriekultur. Sollten Fragen offen bleiben dann finden Sie unter www.swo.de/pieswerk einen direkten Draht zum Pieswerk-Projektleiter Serkan Kadi.
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